Medikamente in der Schwangerschaft
Wann droht dem Kind Gefahr?

"Die Liste der Medikamente, die beim Menschen erwiesenermaßen embryo- oder fetotoxisch sind, ist sehr kurz", erklärte Dr. CHRISTOF SCHAEFER von der Beratungsstelle für Embryonaltoxikologie in Berlin beim 20. Deutschen Kongress für perinatale Medizin. Firmeninformationen, "Rote Liste" und Beipackzettel vermitteln jedoch oft einen ganz anderen Eindruck. Meist wird aus haftungsrechtlichen Gründen vor Arzneimitteln in der Schwangerschaft gewarnt, ohne dass klare Daten vorliegen. Werden Klassifizierungen wie "tierexperimentell verdächtig", "unzureichend untersucht" oder "kontraindiziert in der Schwangerschaft" einfach zum Anlass für einen Schwangerschaftsabbruch genommen, kann es zu tragischen Fehlentscheidungen kommen, so der Experte. (...)
Ein wirklich hohes teratogenes Potenzial (d.h. fruchtschädigend ( Anmerkung M.W.))

Haben neben Thalidomid ("Kontergan") lediglich die Retinoide mit Fehlbildungsraten von 20 bis 50 Prozent. Im Risiko weit überschätzt werden Antibiotika wie z.B. Tetrazykline. Sie wirken in üblicher Dosis nicht teratogen und sind ab der 16. SSW nur deshalb kontraindiziert, weil sie die Milchzähne gelb färben können. Antibiotika der Wahl in der Schwangerschaft sind Penicilline, Cephalosporine und Erythromycin. Andere Antibiotika sollten Ausnahmen bleiben, sind aber offensichtlich auch nicht schädlich. (...)

Schmerzmittel der Wahl sind Paracetamol und (bis zur ca. 30. SSW) Ibuprofen. Als Reservemittel gelten ASS und Codein. Auch hier gelten fast alle anderen Schmerzmittel, kurzfristig eingenommen, als nicht schädlich. Für lokale Betäubungsmittel gibt es keine Einschränkung, auch nicht in der Kombination mit Adrenalin. (...)

Wurde der werdende Vater mit Zytostatika ("Chemotherapie") oder Immunsuppressiva behandelt, sollte etwa ein halbes Jahr bis zu einer Schwangerschaft gewartet werden. Wird die Partnerin früher schwanger, ist nach heutigem Stand der Wissenschaft keine Missbildung zu befürchten. Väterliche Indikationen für eine Fruchtwasseruntersuchung oder gar einen Schwangerschaftsabbruch gibt es bisher nicht, so Dr. Schäfer.

Auszug aus einem Artikel im "Gynecol Tribune" vom 19.02.2002